Hallo, willkommen zur heutigen Beradelung!
Das heutige Video fällt ein wenig aus dem Rahmen, wir schauen uns nämlich nur einen kurzen – aber umso wichtigeren – Lückenschluss an: Die Protected Bike Lane am Neubaugürtel!
So schnell kann Radinfrastruktur entstehen. Nur drei Wochen ist es her, dass die Stadt Wien einen Lückenschluss am Neubaugürtel angekündigt hat. Vor zwei Tagen ist er schon eröffnet worden.
Gebaut wurde es genauso, wie es Initiativen – unter anderem Radlobby, Gürtel Liebe und Platz für Wien – jahre, jahrzehntelang gefordert hatten. Der Kampf hat sich schlußendlich ausgezahlt.
Das schauen wir uns heute an. Kommt mit!
Zuerst noch ein Blick auf die Karte:
Die heutige Route befindet sich am Westgürtel zwischen den inneren Bezirken 6 Mariahilf und 7 Neubau, sowie dem äußeren Bezirk 15 Rudolfsheim-Fünfhaus.
Jetzt im Detail:
Der Radweg befindet sich am inneren Gürtel, gegenüber vom Westbahnhof und ist nur 250 Meter kurz. Bis jetzt musste man zwei mal den Gürtel queren und hatte insgesamt 7 Ampeln.
Wir fahren die Strecke in beide Richtungen um alle möglichen Details und Problemstellen zu sehen, dann bilde ich ein Fazit.
Die wichtigsten Verbindungen:
Der Gürtelradweg führt nach Norden und Süden weiter – beide Route habe ich bereits portraitiert, ihr findet die Links zu den Beradelungen in der Videobeschreibung.
Auf die anderen Verbindungen werde ich während der Fahrt eingehen.
Als Ost-West-Verbindungen gibt es im Norden den Radweg Felberstraße, sowie die Stollgasse – leider eine Einbahn. Im Süden kann in beide Richtungen die Mariahilfer Straße befahren werden – stadteinwärts als Begegnungs- bzw. Fußgehyzone, stadtauswärts wird derzeit ein Radweg gebaut.
Wir starten am Gürtelradweg etwas südlich der Mariahilfer Straße und kommen auch gleich zu ihrer Querung.
Die Kreuzung wurde 2024 im Rahmen des Umbaus des Christian-Broda-Platzes – des Platzes rechts – neugestaltet.
Dass diese Querung so breit neu gebaut wurde, hat mich schon gewundert. Das war sicherlich eine Vorleistung für den Radweg den wir uns heute ansehen.
Dieser Radweg ist wirklich adäquat, auch bei Gegenverkehr kann überholt werden. So sollte der ganze Gürtelradweg gestaltet sein!
Blöd ist, dass dieser Mast hier im Weg steht. Ich finde, dass die Markierung aber deutlich genug ist.
Die Ampel zur Querung der Straßenbahnschleife finde ich etwas unscheinbar.
Und das ist sie: die Protected Bike Lane am Neubaugürtel. Es wurde also einer der vier Fahrstreifen abgezwackt um daraus einen geschützten Radweg zu machen. Nicht schlecht!
Was schon ein Problem bei der Umwandlung von Fahrstreifen zu Radwegen ist: Besonders breit sind sie nicht, beim Überholen mit Gegenverkehr wird es bereits eng.
Ein Problem bei der Umwandlung von Fahrstreifen ist, dass sie für einen hochfrequenten Zweirichtungsradweg plus Betonleitwände zu schmal sind. Überholen bei Gegenverkehr ist eigentlich nicht möglich.
Bei beiden Fußquerungen vor und nach dem U6 Stationsgebäude
hängen Grünpfeile, d.h. bei Rot darf man – sobald alle Fußgehys gequert haben – weiterfahren.
Hier rechts befand sich von 1880 bis 2017 das - nach Erzherzogin Sophie, der Mutter von Kaiser Franz Joseph I, benannte - Sophienspital. Auf dem Gelände wird ein neues Stadtquartier errichtet, wobei einige denkmalgeschützte Gebäude erhalten bleiben.
Sehr schnell kommen wir zur Felberstraße bzw. Stollgasse.
Radfahrys bekommen Vorgrün. Allerdings ist die Fahrradampel aus der Frontposition unauffällig, ich habe bei den ersten Fahrten auch auf die Hauptampel geachtet.
Durch das Vorgrün sind Radfahrys vor den zur Felberstraße abbiegenden Kfz-Fahrys im Konfliktbereich – sehr gut. Als zusätzliche Warnung wurden Blinklichter in die Fahrbahn eingelassen.
Und da haben wir auch schon den weiterführenden Gürtelradweg erreicht! Und das Ende der Hinfahrt.
Während ich das Rad wende, werfen wir einen kurzen Blick auf das Hauptradverkehrsnetz der Stadt Wien.
Tatsächlich ist der neue Radweg nicht im Hauptradverkehrsnetz eingetragen, nicht einmal als geplante Route.
Die alte Route, wie auch der Rest des Gürtelradweges, ist aber im Basisnetz der Stadt Wien.
Ich nehme an, dass die Basisroute zeitnah auf den neuen Radweg verlegt wird und die alte Route einen niedrigeren Rang bekommt – immerhin bleibt sie trotzdem wichtig zur Erschließung des Westbahnhofs.
Wir starten Retour.
Ich finde, hier braucht es Auffstellflächen vor der Radwegkreuzung. Hier werden sonst oft viele Radfahrys warten und den querenden Radverkehr blockieren.
Und man sieht zeigt den Bedarf für einen Zebrastreifen. Ich habe mehrmals querende Fußgehys gesehen.
Die Stollgasse sollte für das Radfahren gegen die Einbahn geöffnet werden. Es fehlt an konfliktarmen, durchgehenden Radrouten zum Ring.
Bei der Sophienspital-Baustelle war die letzten eineinhalb Jahre ein Fahrstreifen des Gürtels gesperrt. Laut Stadt Wien hat das ausgebliebene Verkehrschaos die Nicht-Notwendigkeit dessen bewiesen, wodurch die Betonleitwände einfach auf die andere Fahrbahnseite verschoben werden konnten - der Radweg war geboren.
In dieser Richtung sind die Ampeln bei den Fußgehy-Querungen erst sehr spät zu sehen. Hoffentlich kann deren Position noch nachgebessert werden.
Die rot angemalten Bordsteine mit Hashtag #radliebewien finde ich einen netten Touch. Unnötig, aber ein bisschen Farbe macht das Leben schöner.
Wir kommen wieder zur Mariahilfer Straße. In diesem Bereich gibt es beidseitige Einrichtungsradwege, hier können wir also rechts zur äußeren abbiegen.
Dort befindet sich aktuell eine große Radwegbaustelle, der erste Abschnitt bis zur Clementinengasse soll im Sommer fertig werden.
Das Plakat ist eine Werbung für die Wiener Festwochen.
Es gibt übrigens einige Protected Bike Lanes in Wien, z.B. bei Baustellen, aber auch semi-permanente. Im Jahr 2020, zu Beginn der Covid-Pandemie gab es einige sogenannte Popup-Radwege. Leider haben die den Stadtregierungswechsel nicht überlebt.
Nach links geht es zur inneren Mariahilfer Straße.
Und wir sind wieder am alten Radweg und damit am Ende der Rückfahrt.
Mein Fazit:
Ein sehr sehr wichtiger Lückenschluss an diesem Radweg, der nicht nur vielen Radfahrys jeden Tag einige Minuten schenken wird. Er wird auch viele neue Radfahrys anziehen, da viele einen weiten Bogen um den Westbahnhof machten. Ich bin schon auf die Auswertung der Zählstellen gespannt.
Ich finde, solche Protected Bike Lanes haben ihre Vor- und ihre Nachteile. Die schnelle Installation und geringen Kosten sind natürlich sehr attraktiv, außerdem können Kfz-Fahrys nicht ignoranterweise darauf „nur kurz halten“.
Andererseits sind sie auch Barrieren im Stadtbild, wo man nicht schnell drüber gehen kann. Außerdem machen sie den Weg enger.
Eine andere Protected Bike Lane, ein Abschnitt der Eichenstraße, habe ich bereits beradelt (Link in der Videobeschreibung). Im Vergleich finde ich es hier besser, da die Betonleitwände nicht so massiv sind. Sie sind schmäler und lassen daher mehr Platz am Radweg.
Ich hoffe, dass die Stadt Wien ihrer Ankündigung folgt, mehr schnelle Maßnahmen umsetzen zu wollen. Es gibt einige Straßen in Wien, wo sich solche Protected Bike Lanes anbieten würden um schnell Radinfrastruktur zu schaffen.
Was sagt ihr zu dem neuen Radweg? Seid ihr schon darauf gefahren? Schreibt es mir doch unten die Kommentare!
Wenn ihr euch bessere Radinfrastruktur wünscht, dann schreibt doch euren Bezirksvorstehys! Erwartet keine schnellen Änderungen, aber steter Tropfen höhlt den Stein.
Außerdem empfehle ich, Mitglied bei der Radlobby zu werden. Die Radlobby ist ein Verein, der sich auf verschiedenen Ebenen für bessere Bedingungen für das Radfahren einsetzt. Mit eurer Mitgliedschaft habt ihr verschiedene Vorteile wie Rechtsschutz-, Unfall- und Haftpflichtversicherung. Außerdem bekommt ihr jedes Quartal den Drahtesel - das österreichische Fahrradmagazin - zugesendet.
Danke, dass ihr bis zum Schluss des Videos dabeigeblieben seid. Wenn ihr die nächste Beradelung nicht versäumen wollt, dann abonniert doch meinen Kanal!